Lif

Das erste, was an Lif Birsasdottir auffällt, ist, dass die meisten Humanoiden ihren Kopf bewegen müssen, um sie in ihrer vollen Größe wahrzunehmen. Die Nordländerin ist hochgewachsen und hat ein Kreuz, das ein Fass Met tragen kann. Wie ihr Begleiter Vali hat auch sie Teile ihres Schädels rasiert, wodurch der Blick auf eine ornamentale Tätowierung freigegeben wird, die eindeutig einen Bären darstellt. Das weißblonde Haar ist eng am Schädel geflochten und wird kurz über dem Nacken von einer gehämmerten Spange gehalten, in der alle Zöpfe enden. Im Gesicht und am Körper zieren Lif weitere, präzise und tief in die Haut eingestochene Bilder, alle in Waidblau. Soweit man sie sehen kann, bestehen sie aus nordischen Schriftzeichen und geometrischen Mustern. Ergänzt werden sie durch eine stattliche Anzahl Sommersprossen. Gegen ihre sonnengebräunte Haut setzen sich eine Anzahl von hellen Narben ab, die belegen, dass sie wohl schon ein oder zwei Kämpfe hinter sich hat.

Trotz dieser offensichtlichen Affinität zu körperlichen Auseinandersetzungen trägt Lif lediglich ein geprägtes Lederhemd und eine lederne Hose, einen breiten Gürtel und einen Wollmantel, sowie knöchelhohe, feste Lederstiefel mit genagelten Sohlen. Die Sachen sind gut gepflegt, zeigen aber deutliche Gebrauchspuren. Am Gürtel trägt sie eine größere Handaxt, deren Blatt offenkundig schon mehrfach geschliffen wurde. Im Gegensatz dazu wirkt der sorgfältig geölte Eschenholzgriff beinahe neu. Ebenfalls am Gürtel befindet sich eine hölzerne Tasse mit geschnitzten Verzierungen.
Den Platz auf ihrem breiten Rücken teilen sich ein Schild in sturmgrau und ozeanblau, ein Wurfspeer in lederner Halterung und daran ebenfalls befestigt ein im Verhältnis zu beiden ehr kleines Reisebündel aus Fell sowie ein ovaler, mehrfach in Wolle eingeschlagener Gegenstand, der sich entblättert als Handtrommel herausstellt. Meist liegt noch ihre Langaxt über der Schulter, wenn sie diese nicht als Wanderstab missbraucht.
Um Lifs rechtes Handgelenk windet sich ein dicker, bronzener Armreif. Dass sie diesen kaum abnimmt sieht man an den grünen Spuren, die sich unter und neben ihm auf ihre Haut gelegt haben.

Aber man sieht Lif nicht nur, man hört sie auch. Die junge Frau nimmt Raum ein. Sie hat eine laute, tragende Stimme und ein ebenso lautes Lachen. Ihr Gang ist fest und ihre Schritte vernehmbar. Offenkundig unternimmt sie keinerlei Bemühungen, unauffällig zu sein oder sich gar zu verbergen.

Wäre da nur die hünenhafte Statur und die doch recht martialische Bewaffnung, könnte Lif bedrohlich wirken. Meist wird dieser Eindruck jedoch von ihren schalkhaft blitzenden grauen Augen und den Lachfältchen, die diese und den Mund bereits in jungem Alter umspielen, verscheucht. Lif möchte Freude am Leben haben und die gönnt sie auch anderen im Übermaß. Manchmal vergisst sie dabei, dass nicht alle wie Ochsen gebaut sind und was ihr als freundschaftlicher Knuff gilt, manch einen schon arg ins Schwanken bringen kann.

Von Spott wird Lif nicht erschüttert, den erwidert sie ebenso. Je kreativer die Beleidigung, je fantastischer die Behauptung, desto besser. Allerdings tut man gut daran, sich auf ihr sonniges Gemüt nicht zu verlassen. Was genau die fröhliche Frau dazu bringt, in dumpfe Stimmungen oder gar Zorn abzudriften, ist schwer zu sagen. Ein aufstrebender Dieb, der sich an ihrem Hab und Gut vergreifen will, muss von einem Klaps auf das Handgelenk bis hin zu einem zerschmetterten Handgelenk mit allem rechnen. Auch scheint Lif keine Notwendigkeit zu sehen, mit ihrer Meinung oder ihren Eindrücken hinterm Berg zu halten. Eine Einstellung, die man sich vielleicht leisten kann, wenn man wie ein Felsen im Leben steht. Oder auch nicht.

Wenn Lif auftritt, dann bestimmt der Rhythmus der Trommel die Darbietung. Sie hat eine volle Singstimme und spinnt Geschichten zum Takt, aber sie erzählt immer auch durch Gesten und Bewegungen. Dann merkt man ihr die Begeisterung für ihre Erzählung deutlich an, für alles Neue und Aufregende, was sie bereits erlebt hat und den unbändigen Hunger darauf, noch viel mehr von der Welt und ihren Wundern zu sehen.

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